Barbara Ruda, Badische Zeitung 8.6.2024

Zwischen Surrealismus und Abstraktion

 

Für die neue Ausstellung in seiner Galerie im Zwetschgenweg auf dem Tüllinger hat Jürgen Unseld die Malerinnen Marga Golz und Insa Hoffmann eingeladen. Vernissage ist an diesem Samstag.

Lörrach

Warum der Galerist Marga Golz und Insa Hoffmann in einer Werkschau zusammengeführt hat? Zunächst einmal war es für Jürgen Unseld, der selbst Künstler ist, wichtig, zwei überdurchschnittlich schaffende Kolleginnen, die aus einem reichen Fundus schöpfen können, auszustellen. Zum anderen lag für ihn eine starke Faszination darin, dass sich die beiden Malerinnen, die sich seit langem kennen und schätzen, in ihrem Werkaktuell von einem Nullpunkt im Gegenständlichen aus sich diametral voneinander wegbewegen: Marga Golz in Richtung Transrationalität und Surrealismus, Insa Hoffmann ins Abstrakte. Gespannt wartete er darauf, sich die beiden in einem Raum künstlerisch begegnen zu lassen. Würden die Arbeiten dabei Korrespondenzen entwickeln? Die Antwort heißt „Ja“.

Insa Hoffmann, die Malerin aus Kandern, arbeitet aus der Geste und der Fläche heraus und tastet sich an die Konturen heran, ihre Lörracher Kollegin beginnt mit einer Zeichnung. Schnellwurde Jürgen Unseld klar, dass man beide Werke räumlich getrennt hängen müsse. Wo sie sich aber gegenüber stehen, werden reizvolle Analogien erkennbar, beispielsweise im verwendeten Blau. Gegenüber Marga Golz’ Großformaten können sich Insa Hoffmanns quadratische Gemälde im Format 30 mal 30 Zentimeter gut behaupten. „Sie haben ihre Plätze quasi von selbst eingenommen“, berichtet die Künstlerin.

Insa Hoffmann, die von der naturalistischen Malweise kommt, sieht sich selbst auf der Nahtstelle zwischen Gegenständlichem und Abstraktem balancierend. Gerade tendiert sie zu letzterem. Wenn sie zu abstrakt wird, geht sie wieder einen Schritt zurück Richtung Anschauung. Ihr Ziel: einen Raum aus Farben der Natur zu erschaffen, der Licht und Tiefe evoziert. Die Bilder entstehen in einem organischen Prozess, der sich über Wochen und Monate hinzieht, und in vielen Schichten, die teils wieder verworfen, abgetragen, übermalt oder sogar weggeschliffen werden. Elemente wie selbst geschöpftes Papier oder Lack fügt die Künstlerin collagenartig ein. Manche Zwischenschritte konserviert sie auch, während sie in Farbe und Form ihren Weg sucht. Weiche Silikonspachteln kommen dieser Arbeitsweise entgegen, der für Insa Hoffmann etwas Archäologisches hat. Reminiszenzen an Buchten, Schiffe, Berge oder Florales entstehen im Loslassen. So stellt die Malerin immer wieder erstaunt fest, dass sich die eigenen Themen stets durchsetzen. Ausschlaggebend ist am Ende die Stimmigkeit. Wenn eine Farbe zu klingen anfängt, berührt das sowohl die Künstlerin als auch die Betrachterin. Das ist wie bei der Musik.

Lässt sie die Farben selbst machen, schafft Marga Golz mit dem Pinsel kontrolliert ein hyperrealistisches Abbild von Dingen, Tieren, Pflanzen, von Frauenakten und sogar manchmal von Familienmitgliedern. Auch ihre Werke bestehen aus vielen Schichten. Am Anfang steht eine Idee, der Zeichnungen und eine Grundkomposition zu Grunde liegen. Marga Golz’ Farben sind nie knallig, besonders das Blau liegt ihr am Herzen. Ihre Kunst ist es, die Stofflichkeit von Holz, Wasser, Hautoberfläche oder Fell, so genau es nur geht, als Illusion sichtbar zu machen. Wie so oft tauchen auch in der Galerie am Zwetschgenweg in ihren surrealen Bildräumen Türen auf – eine ganze Reihe dieses Mal. Die gemalten Holztüren stammen von älteren Gebäuden aus Europa. Was reizt die Künstlerin immer wieder an diesem Motiv? Es ist das Drinnen und das Draußen, es sind die Durchgänge. Tritt man über eine Türschwelle, wisse man nicht, was dahinter liege, stellt sie fest. Die Tür ist für sie ein Symbol für den Übergang von einer Phase zur anderen. Sie vergleicht das mit Stadien in ihrem Leben, mit Herausforderungen: „Du musst da durch.“ An einer Tür entscheidet sich auch, ob man hineingelassen wird oder ausgeschlossen wird. Marga Golz zeigt lediglich die Tür und überlässt das, was sich dahinter befindet, der Fantasie der Betrachtenden. Anders ist das bei den Fenstern, einem weiteren Sujet der Malerin. Durch eines schaut ungeniert ein Mandrillmännchen auf eine nackte Frau. Die Betrachtenden schauen zurück und dürfen ihrer Neugierde folgen. Als sie eine Reihe von Mixed Media-Fensterbildern schuf, die nach Lust und Laune geöffnet und geschlossen werden dürfen, saß Marga Golz ganz gewiss der Schalk im Nacken. Wenn man in private Wohnräume blickt, fühlt man sich auch mal als Voyeurin.

Ausstellung Galerie im Zwetschgenweg, Vernissage: Samstag, 8.Juni, 16 Uhr, geöffnet bis 30. Juni, samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr